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Die Beschleunigung Meines Lebenskarussells (II)

Die Beschleunigung Meines Lebenskarussells (II) - Nun denn, da war ich also sechseinhalb jährig und gänzlich naiv darauf vertrauend, meiner kleinen List wäre in der Tat Langlebigkeit gepaart mit Unbesiegbarkeit geradewegs garantiert. Dennoch konnte ich einfach nicht die qualvolle Vorahnung vom unausweichlich bevorstehenden Untergang abschütteln. Unwiderlegbar war das Wissen darum, dass mein fragiles Kartenhaus beim geringsten Ausrutscher umgeblasen und in sich zusammenfallen würde, was es auch schlussendlich tat. Nichtsdestotrotz ritt ich auch weiterhin getreu jene steile Welle und begriff im Zuge dessen Zeit beinahe als zum Stillstand kommend. Unmöglich war all dem eine längere Phase als eine, höchstens zwei Wochen beschert, und doch war ich nunmal in jenem zarten Alter überaus sicher, die Zeit würde mich wohl noch monatelang lang fortwährend behutsam dahin wiegen. Einigermaßen ironisch aber war nun die Erkenntnis darüber, dass selbst der Moment der endgültigen Aufdeckung, wie natürlich auch ihrer heftigen Konsequenzen sich dem Anschein nach gleichfalls übermäßig in die Länge zogen, weit mehr, als das der eigentlichen Wirklichkeit entsprach. Tatsächlich erinnere ich mich noch daran, eine Ewigkeit lang auf dem Klo gesessen zu sein und mich wirklich bemüht zu haben, den sprichwörtlich letzten Tropfen Urin rauszudrücken. Selbstverständlich aber würde sich meine Blase erst zu einem späteren Zeitpunkt restlos entleeren, für gewöhnlich während meiner körperlichen Disziplinierung. Seltsam, selbst in jener so unangenehmen Spanne der Züchtigung setzte ich letztlich alles daran, das Beste aus der scheinbar endlosen Tortur zu machen. In der Folge ging ich daran, den alten Küchenboden mit seinem wunderschönen schachbrettartigen Fliesenmuster zu bestaunen und zählte schon mal eifrig die schwarzen Felder rund um mich, bevor ich zuletzt auch noch die weißen dazu addierte, vorausgesetzt, mit blieb noch genügend Zeit dafür. Nicht genug, dass sich genau genommen jeder einzelne Aspekt meiner alltäglichen Abläufe als Problem, Herausforderung, Hürde, und dergleichen mehr herauskristallisierte, war doch einfach alles zusätzlich von unglaublich beträchtlicher Länge beschaffen. So wurde der Schlaf zu meinem einzig sicheren Hafen, der es mir gestattete, mich von dieser Agonie zu befreien, die den ganzen Tag lang hindurch wie ein Schatten an mir klebte. Wann immer mich aber die Schlaflosigkeit plagte, verlor ich schlichtweg die Nerven. Was um Himmels Willen würde ich denn wohl die ganze Nacht lang tun, außer hellwach in meinem Bett zu verharren? Die Zeit wollte einfach nicht und nicht vergehen, und mein Kopf wehrte sich darüber hinaus stante pede, endlich zur Ruhe zu kommen. Daher begann ich, mich entweder mittels Gebet oder anderweitig an Jesus zu richten. Oftmals aber malte ich mir auch bloß die tollkühnsten Heldengeschichten aus, um sie später wiederholt abzurufen. Schlief ich mal außer Haus, und hatte ich ferner die Gelegenheit, nach Belieben zu schalten und zu walten, betätigte ich mich zumeist kreativ, indem ich entweder irgendetwas zeichnete, las oder später sogar selber schriftlich verfasste, lediglich damit ich eine weitere schlaflose Nacht erfolgreich hinter mich brachte. Zeit an sich bedeutete für mich damals Segen und Fluch in einem. Da waren beispielsweise die meinerseits so heiß ersehnten und folglich überfreudig erwarteten Wochenenden, denn anscheinend waren der Zeit des Spielens keinerlei Grenzen gesetzt. Im Grunde kümmerte es dabei herzlich wenig, was wir, meine Schwester und ich, Freitag nachmittags zu spielen begannen, da es sich üblicherweise mit relativer Leichtigkeit in den Samstag und nicht selten auch noch in den Sonntag reinziehen ließ. Kein Wunder also, dass ich persönlich ausschließlich für die Wochenenden lebte. Recht naturgemäß verachtete ich im Gegensatz dazu die Montage generell und das nicht nur, weil unsere aufwändige dreitagelange Spielsitzung tatsächlich zu Ende war, sondern, weil ich wieder zurück in die Schule musste. Wie ihr wahrscheinlich bisweilen unschwer erkannt habt, hasste ich die Institution der Schule speziell ihrer Aggression wegen mit einem ausgeprägten Maß an Leidenschaft. Zudem fühlte ich mich immer wieder aufs Neue der Bedrohung ausgesetzt, quasi wie ein Gladiator im Circus Maximus angegriffen und zuletzt in unzählige Stücke zerrissen zu werden. - Nun denn, in letzter Instanz war die Zeit doch noch irgendwie vorbeigegangen, sprich es waren indes tatsächlich etliche Jahre verstrichen. Ausgerechnet an dem Tag, als ich gerade offiziell vier von insgesamt acht Jahren Gymnasium absolviert hatte, lief mir an der Bushaltestelle durchaus überraschend meine alte Volksschullehrerin über den Weg. Als ich ihr exakt das mitteilte und ihr auch noch mein Zeugnis zeigte, reagierte sie überaus erstaunt. "Na, sieh mal einer an. Wer hätte damals gedacht, dass du jemals so weit im Leben kommen würdest?", kommentierte sie sympathisch, aber ich konnte einfach nichts mit ihren Worten anfangen. Trotzdem stellte ich die folgende Gegenfrage: "Hatte ja auch keine andere Wahl, oder?" Mein doch etwas lächerlicher Einwurf erwies sich letztendlich als Schuss ins Blaue, denn beeindruckt war sie davon gewiss keineswegs. Wie auch immer, die Frau trödelte auch gar nicht lange herum, sondern wünschte mir noch rasch alles Gute, bevor sie auch schon wieder davon eilte. Da war mit einem Male eine zweite Frage, die mir fortan im Kopf herumschwirrte und mir damit für Weiteres jegliche Aufmerksamkeit abrang. Würde ich denn nicht etwa der Fortsetzung eines weiteren vierjahrelangen Kampfes gegen Windmühlen ins Auge blicken müssen? Diese Frage lastete nun tatsächlich so schwer auf meinem Gewissen, dass ich den Wald vor lauter bescheuerter Bäume einfach nicht mehr auszumachen imstande war. Tja, was meine selbsterfüllende Prophezeiung in punkto schulspezifischer Anstrengungen anging, sollte ich durchaus Recht behalten. Sowie ich allerdings den Zeitbegriff als herkömmlich ewig erfasst hatte, war ich aber eindeutig falsch gelegen. Erst in der 11. Schulstufe (7. Klasse Gym) nämlich fiel mir hier und dort eine kleine Abweichung zeitlicher Natur auf, und so langsam wurde mir ihre eigentliche Flüchtigkeit bewusst. - Mehr darüber das nächste Mal.                

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